ALS SIE KAMEN – eine performative Annäherung in Erinnerung an die Geschwister Kurz –

ALS SIE KAMEN – eine performative Annäherung in Erinnerung an die Geschwister Kurz –

Musik – Tanz – Sprache: eine performative Annäherung in Erinnerung an die Geschwister Otto, Sonja, Thomas und Albert Kurz
mit Yahi Nestor Gahé, Dorothea Lanz, Matthias Schneider-Hollek

Künstlerische Leitung, Performance, Textfassung, Raum                 Dorothea Lanz

Künstlerische Leitung, Tanz, Performance, Raum                             Yahi Nestor Gahé

Elektronische Komposition, Musik                                                    Matthias Schneider-Hollek

Eine Produktion im Rahmen des Projektes StolperKunst der Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber e.V. in Zusammenarbeit mit dem Verband Deutscher Sinti und Roma, Landesverband Baden-Württemberg, unterstützt durch Freie Tanz und Theaterszene Stuttgart und Produktionszentrum Tanz + Performance e.V.

Ort der Premiere war der Erinnerungsort Hotel Silber (13.12.2023), Außenstelle des Hauses der Geschichte Baden-Württemberg

Inhalt

Am 9. Mai 1944 wurden aus dem katholischen St. Josefs-Pflegeheim in Mulfingen 39 Sinti-Kinder und -Jugendliche aus Württemberg von der Polizei abgeholt und in einem Postbus zum Abstellgleis des Bahnhofs Künzelsau gebracht. Nach 50 Stunden Fahrt trafen die Mulfinger Kinder am 12. Mai 1944 im Konzentrationslager Auschwitz ein. Bis zum 2. August 1944 fielen 35 der Kinder dem nationalsozialistischen Völkermord an den Sinti und Roma zum Opfer – insgesamt wurden 500.000 Menschen ermordet.

Die künstlerische Annäherung kreiert einen Sprach– und Klangraum, indem verschiedene Menschen eine Stimme, einen Körper oder eine Musik durch die Ausführenden erhalten. 

Der Fokus liegt dabei auf der Verantwortlichkeit der Institutionen und der in ihnen arbeitenden Menschen; Menschen, die für die systematische Durchführung des Völkermordes in Gemeindeverwaltung, Wissenschaft, Erziehung, Medizin, Politik, Polizei, Kirche und Jugendämtern im nationalsozialistischen Deutschland von 1933-1945 verantwortlich waren.

Die Performance findet in unterschiedlichen Räumen, die die Zuschauer*innen in einer bestimmten Reihenfolge betreten, statt. (Raum ‚Begrüßung, historischen Zusammenhänge zu Beginn, Musik und Gespräch am Ende der Aufführung‘, Raum ‚Choreographie und Tanz‘, Raum ‚Audioinstallation‘, Raum ‚Performance‘)

Untersucht wird die Sprache, die getarnt im Mantel der Wissenschaft die bürokratische Fassade errichtet, auf deren Basis das Amt für Wohlfahrtspflege in Stuttgart (heute Jugendamt) wie viele andere Institutionen die menschenverachtenden Aussonderungs- und Mordprogramme der NS-Ideologie umsetzte. Physiognomie, Körperhaltung und Bewegung, Maße der Glieder zueinander, diese biologistischen Bewertungen, das Einschreiben von Gehorsam und Strafe, von Macht und Unterwerfung werden in der Performance auf der Tanz-, Performer- und Körperebene thematisiert. In den elektronischen Versatzstücken der Komposition werden Assoziationsräume verstärkt und neu gedeutet.

Künstlerisches Ziel von ‚Als Sie kamen‘ ist es, die ‚Kanten‘ des Monströsen sichtbar, fühlbar und reflektierbar zu machen. Es geht um die Dekonstruktion von Psychologie und Verhalten der Täter*innen. Daher ist die Perfomance keine Gedenkveranstaltung, sondern richtet sich verstärkt an die Mehrheitsgesellschaft der Nachkommen der Täter*innen und an die Menschen, die sich mit diesen Themen auseinandersetzen möchten.

Die DarstellerInnen möchten Sie darauf aufmerksam machen, dass manche Inhalte der Performance möglicherweise für Menschen, die oder deren Familien traumatischen Erlebnissen ausgesetzt waren, belastend, verletzend oder retraumatisierend sein können.

In einer Szene zur Dekonstruktion der Psychologie einer weiblichen Täterin, kommt es zu einem sichtbaren und inhaltlich begründeten Kostümwechsel im Raum. Dieser Moment des teilweise unbedeckten Körpers der weiblichen Darstellerin in der Rolle der Täterin tangiert innerhalb der Sinti-Community ein Tabu.

Bitte achten Sie auf sich und entscheiden Sie selbstbestimmt, ob Sie sich mit den Themen und Darstellungen auseinandersetzen möchten. Sie haben jederzeit die Möglichkeit die Veranstaltung zu verlassen oder im Raum der Begrüßung zu verweilen und am Ende der performativen Darbietungen, so Sie dies möchten wieder zum Publikum dazuzukommen.

Das Gespräch im Anschluss ist ein wichtiger Teil der Performance und ermöglicht einen öffentlichen Rahmen, um auch über gegenwärtige Entwicklungen in unserer Gesellschaft zu sprechen.

WEITERE AUFTRITTE

Wissenschaftsfestival Stuttgart 2024

Erlöserkirche; Birkenwaldstraße 24; 70191 Stuttgart

KünstlerInnen:

Yahi Nestor-Gahé // Künstlerische Leitung; Tanz; Performance; Raum

Dorothea Lanz // Künstlerische Leitung; Performance; Textfassung, Raum

Matthias-Schneider-Hollek // Elektronische Komposition, Musik

Winfried Stürzl // Cello

Gespräch mit dem Publikum:

Manja Schücker-Weiß, Vorständin der Bundesvereinigung Deutscher Sinti und Roma; RomnoKher (Stv. für Daniel Strauß, Vorsitzender des Landesverbandes Deutscher Sinti und Roma in Baden-Württemberg)

Magdalena Guttenberger; Autorin, Roma-Aktivistin, Vorständin im Landesverbandes Deutscher Sinti und Roma in Baden-Württemberg

Dr. Michael Blume, Beauftragter der Landesregierung Baden-Württemberg gegen Antisemitismus und für jüdisches Leben

Karl-Eugen Fischer, Pfarrer, evangelische Kirchengemeinde Stuttgart-Nord

Christine Göttler-Kienzle, Gemeindereferentin katholische Kirchengemeinde St. Georg

Gefördert durch:

Stadt Stuttgart

Winkler Stiftung

Evangelische Kirchengemeinde Nord

Mit freundlicher Unterstützung von:

Staatsministerium Baden-Württemberg

Katholische Kirchengemeinde St. Georg;

Freie Tanz und Theaterszene Stuttgart;

Produktionszentrum Tanz + Performance e.V.

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